Handauflegen, bringt das was?

Heilung nur durch das Auflegen der Hände? Kann das möglich sein? Die Meinungen darüber gehen weit auseinander.

In der Bibel werden mehrere Wunderheilungen beschrieben, die nur durch das Auflegen der Hände zustande kamen. Bei allem nötigen Respekt vor Glaubensfragen darf die Bibel jedoch nicht unbedingt als verlässlicher Quell von Fakten angesehen werden. Davon abgesehen ist das Handauflegen eine durchaus weit verbreitete naturkundliche Heilbehandlung. Varianten des Handauflegens sind beispielsweise das in den USA praktizierte „Therapeutic Touch“ oder das aus Japan stammende Reiki. Einen wissenschaftlichen Nachweis für die Wirkung gibt es bis heute nicht, zumindest nicht in der Art, wie es von verschiedenen praktizierenden Heilern erklärt wird.

In praktisch allen Methoden des Handauflegens geht es um die Beeinflussung von Energieströmen im Körper. Die jeweiligen Protagonisten sind der Meinung, dass durch das Handauflegen verschiedene Energieströme im Körper „gelenkt“ werden. Das mit den Energieströmen ist nun so eine Sache, denn sie sind nicht nachweisbar. Jeder Mensch besitzt ein elektromagnetisches Feld, das sich durch Muskelkontraktionen aufbaut und mal stärker, mal schwächer ist. Dieses elektromagnetische Feld ist nachweisbar. Der tägliche Beweis für seine Existenz sind im Übrigen unsere Smartphones. Der Touchscreen des Handys funktioniert mithilfe der von den Fingern ausgehenden elektromagnetischen Strahlung, nicht etwa durch die bloße Berührung. Die elektromagnetische Körper-Strahlung ist jedoch kein Energiestrom, der entsprechend dem Wortlaut fließt, sondern sie ist ein statisches Feld. Wenn es diese Energieströme gibt, dann müssen sie extrem schwach sein, denn heutige Messgeräte können Spannungen von unter 200mA erfassen, also auch sehr geringe Ströme. Solche Mini-Spannungen kommen in unseren Körpern nicht vor, weil unser elektromagnetisches Feld diese Spannungen sofort mittels Kurzschluss lahmlegen würde. Nicht umsonst gibt es in der Industrie sogenannte ESD-Arbeitsplätze, an denen hochempfindliche elektronische Bauteile behandelt werden, die schon durch die Berührung mit menschlicher Haut und ihrer elektrischen Spannung zerstört werden. Folglich müssen diese Energieströme in einem nichtphysikalischen Bereich gesucht werden und da bleibt eigentlich nur der Glaube übrig.

Handauflegen funktioniert, aber auf einer anderen Ebene

Mit dem Handauflegen beschäftigte sich auch das National Cancer Institute in Bethesda (Maryland). Das zum US-Ministerium für Gesundheitspflege und soziale Dienste gehörende Institut führte unter Leitung von William Collinge an 97 Krebspatienten sowie deren Verwandte und Freunde eine Studie durch. Die Teilnehmer wurden in zwei Gruppen aufgeteilt. In der einen Gruppe erfolgte das Handauflegen an den Krebspatienten durch einen Freund oder einen Verwandten, vier Wochen lang, dreimal pro Woche für jeweils mindestens 20 Minuten. In der zweiten Gruppe gab es den gleichen zeitlichen Ablauf, nur durften die Freunde oder Verwandten den Krebspatienten lediglich vorlesen.

Zunächst zeigten die Patienten beider Gruppen eine körperliche wie physische Verbesserung, doch die Gruppe mit dem Handauflegen konnte signifikante Verbesserungen bei Symptomen wie Schmerz, Stress, Angstzustände, Erschöpfung, Müdigkeit, Depression und Übelkeit vorweisen. Aber nicht nur die Krebspatienten profitierten vom Handauflegen. Auch ihre Freunde oder Verwandten fühlten sich besser, weil sie aktiv helfen konnten. Die Ursache für diesen Erfolg sehen die Forscher jedoch nicht in ominösen Energieströmen, sondern im psychologischen Effekt der Berührung. Dazu braucht es keinen professionellen „Handaufleger“ mit entsprechendem Stundensatz, sondern einfach eine Person aus den Reihen der Verwandten oder der Freunde. Wichtig hierbei ist natürlich, das die Chemie zwischen den Beiden stimmt. Die Studie wurde übrigens deswegen durchgeführt, weil bereits vorher durchgeführte Studien zeigten, das Massagen das Wohlbefinden der Krebspatienten verbessern, die aber kosten Geld und nicht jeder kann sie sich leisten. Mit dieser Studie ist nun bewiesen, dass schlicht jeder zum Handauflegen geeignet ist.

August 2020




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