Chinas Naturheilkunde verbindet sich mit Schulmedizin

Akupunktur und TCM
Akupunktur und TCM | Quelle: acupunturacomunitaria auf Pixabay

In den letzten 20 Jahren durchlebte Ilona W. viele Höllen. Im Jahr 1998 wurde sie das erste Mal an der Wirbelsäule operiert. Es folgten noch weitere sechs Eingriffe. Für die 58-Jährige nicht nur eine Zeit mit oft unerträglichen Schmerzen, sondern auch mit Unruhezuständen, Schwindel und Schlafstörungen. Um die Symptome zu lindern, wurden ihr morphinhaltige Schmerzmittel verschrieben, die zur Abhängigkeit führten. Letztlich gesellten sich zur Marter an ihrem Rückgrad auch noch Entzugserscheinungen.

In der Abteilung für interdisziplinäre Schmerztherapie am Universitätsklinikum Greifswald werden neue Wege gegangen. Neu zumindest für die westliche Schulmedizin. Ilona W. wird nun mittels Akupunktur behandelt, um die chronischen Schmerzen zu lindern. Die Anwendung von Methoden der traditionellen chinesischen Medizin (TCM) wird von vielen Ärzten in Deutschland mit Skepsis betrachtet, nicht jedoch von Prof. Claus-Dieter Heidecke, dem ärztlichen Direktor des Greifswalder Uniklinikums. So ist beispielsweise die Akupunktur als TCM-Verfahren längst fester Bestandteil der verschiedenen Behandlungsmethoden, wobei TCM und klassische Schulmedizin Hand in Hand gehen. Um dafür auch wirklich gerüstet zu sein, kooperieren die Greifswalder Ärzte mit dem Shenjing Hospital of China Medical University. Zwischen den beiden Kliniken findet ein reger Austausch an Wissen statt, wobei regelmäßig Delegationen zwischen China und Deutschland pendeln, um jeweils direkt vor Ort die Details bestimmter Verfahren kennenzulernen.

Die Erfahrungen aus TCM in die Schulmedizin integrieren

Für den deutschen Professor wie auch sein Gegenpart auf chinesischer Seite, die Professorin Yu Hong Zhao, ist klar, dass die bisher gemachten Erfahrungen zu einer verstärkten Anwendung der TCM in Deutschland führt, genauso aber auch schulmedizinisches Wissen in China. Dazu gehört es, dass vermehrt Studenten und medizinische Mitarbeiter beider Seiten im jeweils anderen Land für eine Zeitlang tätig sind.

Für die Oberärztin Stefanie Adler gehört TCM zum täglichen Anwendungsprogramm. Als Anästhesistin hat sie mit der Akupunktur schon sehr gute Erfahrungen gemacht. Aber auch das Schröpfen gehört dazu, die Arbeit mit Blutegeln oder Wärmetherapien unter Verwendung von Beifuss. Allein in ihrer Abteilung werden etwa 5 % der Patienten teilweise oder ganz mittels TCM behandelt. So auch Thomas G., dessen Kniearthrose unter anderem mit Blutegeln behandelt wird. In wissenschaftlichen Studien wurde nachgewiesen, dass die Blutegel einen Rückgang der Entzündung wie auch der Schmerzen verursachen. Dabei vertraut die Oberärztin auf eine multimodale Behandlung. Patienten mit chronischen Schmerzen werden während eines dreiwöchigen Klinikaufenthalts mit einem Programm aus Ergotherapie, Physiotherapie, psychotherapeutischen Verfahren und einem Stressbewältigungstraining behandelt. Je nach Patient zeigt sich einmal die TCM, ein anderes Mal die Schulmedizin in den Ergebnissen überlegen. Für die Medizinerin ist auf jeden Fall klar, dass die ganzheitliche Betrachtungsweise speziell in der Schmerztherapie mehr bringt als der reine Verlass auf die Schulmedizin.

Akupunktur bei Geburten und Operationen

So hält es auch Professor Taras Usichenko. Der aus der Ukraine stammende Anästhesist nutzt an der Uniklinik in Greifswald die Akupunktur, um seinen Patienten postoperatives Erbrechen und Übelkeit zu ersparen. Hierbei kommt die sogenannte P6-Akupunktur zur Anwendung. Schon während beziehungsweise vor der OP werden winzige, gerade einmal 1,5 mm lange Nadeln an der Innenseite des Unterarmes gesetzt und verbleiben dort während des Eingriffs. Dass die Wirkung nicht auf einem Placebo-Effekt beruht, haben zuvor schon Studien bewiesen und Usichenko wendet das Verfahren bereits seit dem Jahr 2008 mit Erfolg an. Die kleinen Nadeln zeigen auch in einem anderen Bereich ihre Wirkung. Wenn eine Frau durch einen Kaiserschnitt entbunden hat, werden ihr gegen die Schmerzen üblicherweise Analgetika verabreicht. Das wiederum verhindert, dass sie ihr Kind stillen kann. Die Nadeln lindern ebenso die Schmerzen und dem Stillen des Kindes durch die Mutter steht nichts mehr im Wege. Auch diese Methode wird in Greifswald bereits seit 2014 angewendet.

Jetzt geht es nur noch darum, mehr Kollegen von der Wirkung der TCM zu überzeugen und sie natürlich entsprechend auszubilden.

Linktipp: Akupunktur und Arztpraxis in Berlin. Praktischer Arzt, jedoch auch Behandlung nach der alten traditionellen chinesischen Medizin wie Akupunktur, Moxibustion und chinesische Kräutertherapie.

März 2019




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