Die Rosskastanie, eine echte Pferdekur

Was Pferden hilft, kann dem Mensch nicht schaden, oder?

Wer hat noch nie an einem heißen Sommertag unter einer Kastanie gesessen und sich über den Schatten gefreut, den der Baum so großzügig spendet? Die Rosskastanie begleitet die Menschen in der Bundesrepublik seit gut 400 Jahren und ist nicht einfach nur ein Baum, aus dessen Früchte Kinder Spielzeugfiguren basteln. Er ist sowohl für die Naturheilkunde als auch die Schulmedizin ein wichtiger Lieferant an Heilmitteln.

Als sich das osmanische Heer in den ersten Jahrzehnten des 15. Jahrhunderts anschickte, erstmals nach Italien und Ungarn vorzustoßen, führten sie als Futter für ihre Pferde Kastanien mit, die gleichzeitig halfen, den Pferdehusten zu lindern. Aber erst im 16. Jahrhundert wurde der Baum über Wien nach Europa eingeführt. Die Edelkastanie oder Esskastanie war zu dieser Zeit längst Bestandteil der europäischen Wälder, wiederum von den Römern eingeführt, und damit es nicht zu Verwechselungen zwischen den ähnlich aussehenden Früchten kam, wurde die osmanische Kastanie sprachlich zur Rosskastanie.

Die Rosskastanie, ein Tausendsassa

Früher, manchmal auch noch heute, wurden mithilfe der Schalen und der Blätter von Rosskastanien Wolle eingefärbt. Während die Schalen einen braunen Farbton erzeugen, ermöglichen die Blätter gelbliche Farbtöne, abhängig von der Jahreszeit, in der sie geerntet werden. Heute ist die Rosskastanie unter anderem ein Lieferant für Grundstoffe in der Herstellung von Farben, Schäumen und Kosmetika. Gleichzeitig kann aus der Stärke in der Rosskastanie Alkohol, Aceton und Milchsäure gewonnen werden und das Öl der Frucht lässt sich zu Seifenpulver verarbeiten.

Doch den wahren Meilenstein setzte die Rosskastanie in der Medizin Europas im 18. Jahrhundert. Zu dieser Zeit war das Chinin des Chinarindenbaums das einzige Mittel gegen das Malariafieber. Doch Chinarinde, die aus Südamerika stammt und nicht aus China, wie der Name vermuten ließe, war sehr teuer. In der Rosskastanie, neben der Esche, fand sich ausreichend Chinin und dies zu etwa einem Achtel des Preises der südamerikanischen Pflanze. Malaria war damals in Europa weit verbreitet und selbst heute werden allein in Deutschland jährlich etwa 1000 Malaria-Fälle gemeldet. Die Rosskastanie half mit, eine der größten Geiseln der Menschheit zumindest einzudämmen.

Die Rosskastanie in der Schulmedizin und der Naturheilkunde

Für die pharmazeutische Industrie ist die Rosskastanie heute aufgrund des in ihr enthaltenen Wirkstoffes Aescin von Bedeutung. Der Wirkstoff, ein Gemisch aus über 30 Saponinen, besitzt eine entzündungshemmende, die Blutgerinnung herabsetzende sowie eine die Gefäße verstärkende Wirkung. Daraus hergestellt werden Präparate gegen Geschwüre im Zwölffingerdarm, Blutungen in der Gebärmutter, Hämorrhoiden, Schwellungen, Verstauchungen sowie Krampfadern.

In der Naturheilkunde ist es vor allem der Samen oder die Frucht, die ihre Anwendung findet. Dabei wird aus den zerstoßenen Früchten durch Übergießen mit kochendem Wasser und anschließendem ziehen lassen ein Absud hergestellt, der der äußeren Anwendung dient. Der abgekühlte Absud aus Rosskastanien hilft als Umschlag gegen Venenleiden und Prellungen, aber auch gegen die berühmt berüchtigte Säufernase, die Couperose, die übrigens nur bedingt etwas mit übermäßigem Alkoholgenuss zu tun hat.

Bei Hämorrhoiden hilft ein Sitzbad aus der Rinde der Rosskastanie. Die getrocknete Rinde in Wasser drei Minuten kochen und dann 10 Minuten ziehen lassen.

Rosskastanien sind weder roh noch gekocht oder als Tee für den Menschen verträglich. Die darin enthaltenen Saponine verursachen Übelkeit und Magenschmerzen. In der Naturheilkunde werden sie grundsätzlich nur äußerlich angewandt. In der Pharmazie sind die giftigen Anteile in den Präparaten für die innere Anwendung auf ein verträgliches Maß herabgesetzt.

Oktober 2019




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